Ein großer Architekt der Gegenwart

Gaudí, Domenech und Andere haben Barcelona mit ihren Meisterwerken vor langer Zeit geprägt. Mit Ricardo Bofill ist ein großer Architekt der Gegenwart verstorben.

Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden unzählige Gebäude, die unsere Stadt so einzigartig macht. Der Jugendstil, mit dem unter anderem Antoni Gaudí und Lluís Domenech i Montaner Barcelona verzierten, beeindruckt jedes Jahr tausende Touristen. Die Metropole entwickelte sich stetig, nicht zuletzt mit der Austragung der Olympischen Spiele 1992. Verschiedenste Projekte fügten sich auch in jüngster Vergangenheit ins Stadtbild ein. Darunter der Torre de Glòries, El Peix d’or oder der Mercat de Santa Catarina, der 2005 vollständig renoviert wurde. Mit Ricardo Bofill verstarb am 14. Januar ein großer Architekt der Gegenwart, der mit bekannten Werken Barcelona veränderte.

Mehr als einhundert Bauwerke auf der ganzen Welt tragen seinen Stempel des 1939 in Barcelona geborenen Architekten. Auch in Barcelona stammen mehrere Gebäude aus der Feder, die jeder von uns kennt. 

Terminal 1

Wer mit dem Flugzeug anreist, lernt bereits bei der Ankunft eines seiner Projekte kennen. 2009 wurde das neue Terminals 1 des Aeroport Josep Tarradellas Barcelona-El Prat eingeweiht. Bofill bekam den Auftrag, die Pläne dafür zu entwerfen. Eine hohe Decke, die viel Tageslicht hineinlässt und viel Platz für An- und Abreisende sind nur einige der Details. Ein einziger großer Bereich sorgt dafür, dass sich die Passagiere nicht in verschiedenen Räumen verlieren.

Das Teatre Nacional de Catalunya

Das griechisch anmutene Teatre Nacional de Catalunya (Foto: BarcelonAlemany.com)

Er steht zwar im Schatten des Torre de les Glòries, ist allerdings nicht weniger wichtig. Der „Tempel des Theaters“ hat sich seit seiner Entstehung zu einem Symbol der Kultur unserer Stadt entwickelt. Die großzügigen Treppen und die riesigen Säulen verleihen dem Teatre Nacional de Catalunya das Aussehen eines griechischen Tempels. Dieser Aspekt spiegelt sich auch im großen Saal wieder. Die Aktivitäten des Theaters begannen bereits 1996, die offizielle Eröffnung fand allerdings erst am 11. September 1997 statt.

Das Institut für sportliche Erziehung

Das Institut für sportliche Erziehung auf dem Montjuïc (Foto: BarcelonAlemany.com)

Eines der bekanntesten Gebäude auf dem Montjuïc ist sicherlich die Sportstätte, die 1992 zum Olympia-Stadion wurde. Wer sich daneben aber einmal die anderen Bauwerke für das berühmte Sportevent anschaute, hat ein weiteres von Bofills Projekten kennengelernt. Denn auch das Gebäude des Institut Nacional d’Educació fisica, eingeweiht Ende 1991, wurde nach seinen Entwürfen errichtet. Mit seinem neoklassischen Stil ist es eines der Es ist zu einem der emblematischsten Gebäude auf Barcelonas Hausberg.  

Das ‚Edifici Walden‘

Futuristisches Design in Sant Joan Despi (Foto: BarcelonAlemany.com)

Es steht zwar nicht in Barcelona, doch seine Lage in Sant Just Desvern macht es von vielen Teilen der Stadt aus sichtbar. Das utopisch anmutende Projekt entstand bereits im Jahr 1975. Die Idee für dieses emblematische Bauwerk, an der auch seine Schwester Anna mitwirkte, stammte ebenfalls aus Bofills ‚Taller d’Arquitectura‘.

Blick ins Innere des ‚Edifici Walden‘ (Foto: BarcelonAlemany.com)


An den Plänen für das Gebäude, das ins architektonische Erbe Kataloniens aufgenommen wurde, arbeiteten neben Architekten auch Ingenieure, Psychologen, Philosophen. Bestehend aus insgesamt 18 Türmen, bietet es auf 71.000 m2 Platz für 3000 Bewohner.

Das W Hotel

Das Luxus-Hotel in Barceloneta (Foto: BarcelonAlemany.com)

Die Entstehung des wohl bekanntesten Hotels Barcelonas in Form eines riesigen Segels veränderte, sogar weithin sichtbar, das Aussehen der Stadt. Auf seine ganz eigene Weise verbindet es Barcelonas Küste mit dem Meer. Auch als Hotel Vela (Segel) bekannt, entstand es zwischen 2004 und 2009 nach den Entwürfen von Ricardo Bonfill i Leví. Dies fand allerdings nicht ohne Kontroversen statt. 

Nicht wenige Einwohner waren gegen die Konstruktion, für die sogar ein Wellenbrecher verlängert werden musste. Durch den Umstand, dass man Vergabe des Projekts nicht veröffentlichte, entfachte viele Proteste. Darüber hinaus hatten die Gegner ein schwerwiegendes Argument. Laut Gesetz dürfen Gebäude nur dann auf vom Meer gewonnenem Land gebaut werden, wenn es sich um Hafenanlagen handelt. Für weitere Empörung sorgte die Tatsache, dass es – nur 20 Meter vom Ufer entfernt – das Küstenschutzgesetz nicht einhält. Der Hotelkomplex wurde auf dem Gelände der Hafenbehörde der Stadt gebaut.

Doch gibt es kaum ein Foto von Barceloneta oder den Stränden der Stadt, auf dem die Luxusherberge nicht auftaucht. Man könnte fast meinen, es ist zu einem der Wahrzeichen der katalanischen Mittelmeermetropole geworden.

Sein kuriosestes Projekt

1978 eröffnete er ein Büro in Paris und wurde zu einem Maßstab für die Postmoderne in der zeitgenössischen europäischen Architektur. Bereits einige Jahre zuvor, zwischen 1973 und 1975, richtete er sein Taller d’Arquitectura in Sant Joan Despi ein. Dafür gestaltete er auf beindruckende Weise eine alte Zementfabrik um, die zu seiner Residenz und seinem hauptsächlichen Arbeitsort wurde. Sie befindet sich, wie auch das ‚Walden-Gebäude‘ unweit des ‚Parc de Torreblanca‘.

Ein ehemaliges Zementwerk bekam einen neuen Nutzen (Foto: Ricardo Bofill i Leví)

Mit der ‚La Fabrica‘, vor den Toren Barcelonas, gab er auf einzigartige Weise einer verlassenen Einrichtung eine neue Nutzung. Die Fertigstellung des Projekts war nicht einfach. Die Geschichte begann 1973, als Bofill in der Struktur der stillgelegten Fabrik ein Potenzial sah, dass er sich nicht entgehen lassen wollte. Das Bauwerk, seine Lage und das Gelände selbst waren für einen Architekten mit seinen Fähigkeiten ein wahrer Leckerbissen.

La fàbrica, Bofills Wohn- und Arbeitsort (Foto: Ricardo Bofill i Leví)

Das aus Gärten und großzügigen Räumen bestehende Areal wurde mit einer Reihe von unterirdischen Galerien kombiniert. Die Räumlichkeiten verbergen jedoch viel mehr, als man sich als normaler Mietshaus-Bewohner vorstellen kann. Schon vor über 40 Jahren verwirklichte er dort sein ganz persönliches Projekt, dass man als ein ganz besonderes Kunstwerk bezeichnen kann.

Viel Grün ziert das alte Zementwerk heute (Foto: Ricardo Bofill i Leví)

Doch war es längst nicht nur sein Domizil, sondern es gibt darüber hinaus Tagung- und Konferenzräume. In einem riesigen Saal, bekannt als “Die Kathedrale”, wird für Konzerte, Ausstellungen und zahlreiche Aktivitäten im Zusammenhang mit Architektur genutzt.

Ricardo Bofill i Leví hat wie viele berühmte Meister vor ihm als großer Architekt der Gegenwart dazu beigetragen, dass Barcelona zu dem wurde, was es heute ist.


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